der L 6600 als erste Mercedes-Nachkriegskonstruktion im Lkw-Bereich kann rückblickend wohl als entscheidende Weichenstellung für den Aufstieg von Mercedes zum weltweit größten Lkw-Hersteller gesehen werden, da er aufgrund seiner Qualitäten über den Inlandsmarkt hinaus wichtige Exportmärkte erschloß - was den anderen deutschen Herstellern bekanntermaßen nur sehr begrenzt gelang.
Trotz seiner fast schon historischen Bedeutung fällt auf, daß zumindest in den bekannten Foren der 6600 bislang von noch keinem Modellbauer in Angriff genommen wurde. Ein zentraler Grund hierfür ist wohl auch die schwierige modellbauerische Gestaltung des Kühlergrills. Alle Bausätze und Fertigmodelle von Mercedes-Pkw oder -Lkw mit dem klassischen Vorkriegs-/Nachkriegs-Kühlergrill haben selbst in großen Maßstäben anstelle eines Gitters lediglich eine geschlossene Plastikplatte mit erhabenen Linien. Die durch einzelne breitere Horizontal- und Vertikalstreben entstehende, zusätzliche Überkaro-artige Struktur des Originals wird am Modell ebenfalls nur durch dickere Linien nachempfunden. Was immer man mit solchen "Grills" versucht, sie bleiben völlig unrealistisch und entwerten jedes Modell.
Unlängst habe ich für einen 540 K in 1/24 eine realistische Lösung mit einer ultrafeinen, maßstäblich passenden Universal-Gitterätzplatte eines englichen Herstellers gefunden, die ich nach Aufgravieren des "Überkaros" mit erfreulichem Ergebnis in die Kühlerverkleidung eingesetzt habe:
Obwohl ich ursprünglich eigentlich ein ganz anderes Lkw-Projekt in fester Planung hatte, kam mir nunmehr die Idee zum Bau eines 6600. Nach einigem Rechnen und Versuchen mit der nächst gröberen Gitterätzplatte des gleichen Herstellers bin ich dann auch bei der Zugmaschine entsprechend vorgegangen. Sie ist bis auf wenige Kleinteile wie z. B. Lenkrad, Anhängerdreieck Scheinwerfer und Mercedes-Stern, also fast vollständig, scratch gebaut; dies gilt auch für die obligaten 20"(=Sprengring)- Felgen und -Reifen. Der Bau des Fahrerhauses war insgesamt anspruchsvoller als anfangs gedacht (deutlich schwieriger als bei den früher gezeigten L 10000 und Büssing, etwa gleicher Schwierigkeitsgrad wie beim Tausendfüßler). Die allseitig und ungleichmäßig gewölbten Fahrerhausseiten, die gebogenen Fensterausschnitte, die Kotflügel und insbesondere die Form des Daches erforderten wiederholtes Nacharbeiten bis alles stimmig aussah.
Der Auflieger war weniger aufwendig, zumal ich aus dem Hanomag-Bausatz Kotflügel und Fahrwerksteile umarbeiten und endlich auch einmal dessen schöne 22"-Reifen verwenden konnte. Ein relativ teurer Spaß waren zwei Topas-Bausätze, denen entnommen wurden die vordere Tankrundung (etwas schmaler gemacht) und zwei gekürzte Tankoberteile, die jeweils nach Abtrennen der Seite mit dem asymmetrisch sitzenden Tankluken-Steg und dann Drehen des einen um 180° zu einem neuen, detaillosen Tankoberteil passender Breite zusammengefügt wurden.
Der Zeitaufwand für den Bau des gesamten Sattelzugs betrug letztlich etwa 1100 Stunden.
Dafür gibt es keine Worte. Ein Traum in blau/weiß. Dieser Tankauflieger interessiert mich schon seit langem. Habe auf Umwegen ein Metallmodell 1:50 mit MAN F8 Zugfahrzeug erstanden. Kann mich gar nicht satt sehen. Das Armaturenbrett vom 6600er ist der Wahnsinn. Wunderschöner Oldie!
Hi Jürgen, auch lange nichts von dir gehört und gesehen......und dann gleich wieder so ein "Hammer"....unglaublich...... Ich verneige mich wieder einmal vor deiner Modellbaukunst und freue mich darauf demnächst evtl. wieder etwas mehr von deinen wunderschönen Modellen zu bewundern!
Gruß Markus
P.S.: stehst du evtl. auch dem "Wettringer" etwas distanzierter gegenüber?....
Sprachlos! Der Wahnsinn! Die ganzen Details lassen die Blicke schweifen und immer entdeckt man was Neues. Die Einleitungsbremse oder die Armaturenbrettdetails, der Kühler, die Fahrtrichtungswinker usw. Einfach alles grandios! Die heutige Fahrergeneration würde den "kleinen" (damals "großen") Benz vermutlich gar nicht mehr von der Stelle bewegen können 1100 Stunden? Ist das nicht etwas zu tief gegriffen? Das Fahrerhaus mit seinen Konturen ist überwältigend! Der Konstrukteur des englischen Spitfire- Jagdflugzeuges sagte mal: "Gute Technik ist immer auch schön.", als er auf die vielen Rundungen des Flugzeuges angesprochen wurde. Recht hatte er!
Ein absolut prachtvolles Modell hast du mit diesem Tanksattelzug auf die Räder gestellt. Die Proportionen super getroffen und das abolut saubere Finish ist ein Augenschmaus.
Mir fällt auf, daß zunehmend Tankfahrzeuge bei Oldies beliebt werden. Neben den vielen Pritsche/Plane Versionen eine gelungene Abwechslung.
Zitat von Plastheniker im Beitrag #1Trotz seiner fast schon historischen Bedeutung fällt auf, daß zumindest in den bekannten Foren der 6600 bislang von noch keinem Modellbauer in Angriff genommen wurde.
In Foren hab ich diesen Typ noch nicht entdeckt. Aber der Modellbauer Klaus Krohn hat sich diesen Typ schon mal angenommen. Auf der Ausstellung in Jabbeke 2011 war er zu sehen https://image.jimcdn.com/app/cms/image/t...65367/image.jpg
Aber du hast ja da noch ein Projekt, bei dem du als erster über die Ziellinie gehen dürftest... (Zxxxxp)
Gruß Oliver
Gute Vorsätze für dieses Jahr hab ich keine. Die vom letzten Jahr sind noch unangetastet
Wow, wirklich unglaublich was du hier auf die Räder gestellt hast. So viel Liebe zum Detail, echt toll (da sind mehr Details dran als bei vielen Italeri Bausätzen :D Das Amaturenbrett fasziniert mich am meisten.
Was ich nicht ganz verstehe, ist das Anhängerdreieck auf dem Dach. Wurde das nicht ausschließlich beim Fahren mit zwei Anhängern verwendet? Oder mußte das generell hochgeklappt werden, wenn am Motorwagen / ZGM überhaupt ein Anhänger / Auflieger dran war? Weiß das jemand
Mich fasziniert auch immer wieder an diesen alten LKWs, wie die damals ohne vernünftige Rückspiegel fahren konnten! Das kleine "Schmikspiegelchen" auf der Fahrerseite ist so klein und der Spiegelarm so kurz, daß man es auch gleich hätte weglassen können.
Servus Martin Soviel ich weis, waren das (gelb mit schwarzer Umrandung) Anhängerdreieck bis ~1960 auf dem Dach, wenn ein oder mehrere Anhänger gezogen wurden, gesetzlich vorgeschrieben. Um den Entgegenkommenden zu warnen, dass ein längeres Fahrzeug kommt.
Oliver, dein Link hat mich natürlich sehr interessiert. Soweit sich anhand nur des einen nicht sehr großen Bildes etwas sagen läßt, hat der Erbauer des Modells die Proportionen hervorragend getroffen, das Fahrerhaus sieht absolut stimmig aus. Einige künstlerische Freiheiten fallen kaum ins Gewicht. Es ist bei dem hohen Niveau des Fahrerhauses jedoch, sofern das Bild nicht täuscht, unverständlich, daß auf anachronistische Italeri/Revell 22,5"-Felgen zurückgegriffen wurde, die nicht nur zu groß und anders gestaltet sind, sondern hier zudem noch mit den riesigen Büssing/Krupp/Hanomag-Reifen kombiniert wurden, deren Vorbildgröße von Mercedes überhaupt nie, also auch nicht beim 6600, verwendet wurde. Die gewaltige Größendifferenz läßt sich auf meinen Bildern gut erkennen: Zugmaschine maßstäblich 11.00-20, Auflieger ebendiese Revell-Reifen 12.00-22.
Welche Funktion das auf vielen zeitgenössischen Bildern zu sehende Zugmaul an Tankaufliegern hat, kann ich nur vermuten. Ich würde ausschließen, daß dort jemals noch irgendetwas angehängt wurde, da nie eine Steckdose zu sehen ist. Ich glaube eher an eine Aufnahmemöglichkeit für eine Schleppstange.
Was ich nicht ganz verstehe, ist das Anhängerdreieck auf dem Dach. Wurde das nicht ausschließlich beim Fahren mit zwei Anhängern verwendet? Oder mußte das generell hochgeklappt werden, wenn am Motorwagen / ZGM überhaupt ein Anhänger / Auflieger dran war? Weiß das jemand
Mich fasziniert auch immer wieder an diesen alten LKWs, wie die damals ohne vernünftige Rückspiegel fahren konnten! Das kleine "Schmikspiegelchen" auf der Fahrerseite ist so klein und der Spiegelarm so kurz, daß man es auch gleich hätte weglassen können.
Gruß,
Martin
Zitat von Reserverad im Beitrag #10Servus Martin Soviel ich weis, waren das (gelb mit schwarzer Umrandung) Anhängerdreieck bis ~1960 auf dem Dach, wenn ein oder mehrere Anhänger gezogen wurden, gesetzlich vorgeschrieben. Um den Entgegenkommenden zu warnen, dass ein längeres Fahrzeug kommt.
M. W. entfiel das Anhängerdreieck sogar schon Mitte der Fünfziger; konsequenterweise hat z.B. mein 1958er Tausendfüßler zwar Anhängerkupplung, aber nicht Anhängerdreieck.
Das beleuchtete Anhängerdreieck mußte durch einen Hebel innen am Dachhimmel aufgerichtet werden, sobald mit Auflieger oder Anhänger(n) gefahren wurde.
Neben dem Hinweis auf besondere Länge des Entgegenkommenden hatte das Anhängerdreieck wohl insbesondere folgende Funktion: Anhänger (mehr noch zwei) und Auflieger mit den früher stets starren Achsen laufen nach, d. h. sie beschreiben bei Kurvenfahrt einen engeren Radius als das ziehenden Fahrzeug. Dies konnte bei entsprechend schmalen Straßen und engen Kurven dazu führen, daß Anhänger/Auflieger die Gegenfahrbahn verengten, was insbesondere bei Dunkelheit für den Gegenverkehr gefährlich werden konnte. Mit dem aufgestellten und beleuchteten Anhängerdreieck wurden Entgegenkommende entsprechend gewarnt.
Aha! Das Dreieck mußte also generell bei Anhängerbetrieb hochgestellt werden. Ich dachte immer, es wäre nur für den zweiten Anhänger gedacht. Daß Auflieger und Anhänger in die Kurven reinziehen ist aber auch heute noch so. Da hat sich nix dran geändert. Und entsprechende Unfälle ereignen sich dadurch auch immer wieder. Das liegt aber an der Unwissentheit der PKW- Fahrer, die in den Fahrschulen nichts darüber lernen und selbst nicht drüber nachdenken. Da habe ich jeden Tag mit zu kämpfen! Die interessiert es aber auch nicht, wenn man Rundumleuchten, Warnblinkanlage oder Überbreitetafeln an hat, bzw. ausgestellt hat Worst case ist für mich Telesattel mit Überbreite in Autobahnbaustellen!
Klaus Lassen, der Konstrukteur der u.a. den Revell Büssing und Krupp konstruiert hat, hat auch den MB L6600 schon vermessen, leider wurde er von Revell nicht umgesetzt:
Martin, eigentlich ist es doch unklar, warum das Anhängerdreieck damals überhaupt abgeschafft wurde; möglicherweise ging dies einher mit den berüchtigten Seebohm-Gesetzen, mit denen auch die maximale Lastzuglänge rigoros beschnitten wurde. Man hat doch die rückseitige Entsprechung, die dreieckigen Anhängerrückstrahler, sinnvollerweise ja auch beibehalten. Hinsichtlich eines zweiten Anhängers bin ich nicht sicher, ob ein Lkw in den ersten Nachkriegsjahren (bei kurzen Straßenzugmaschinen ist dies m. W. auch heute noch zulässig) legalerweise zwei Anhänger ziehen durfte oder ob dies in der damaligen Not stillschweigend geduldet wurde. Auf historischen Bildern sind zwei Anhänger eher selten, was bei den damaligen schwachen Motorisierungen auch einleuchtet.
Jochen, die großartige Lassen-Zeichnung samt Fotos habe ich bei meinem Bau genutzt. Leider hatte der dort dokumentierte 6600 ein Sonder-Fahrerhaus (Wackenhut?), so daß nur Motorhaube, Kühlermaske, Kotflügel und Stoßstange mt meinem Vorbild, der Werksausführung, übereinstimmten. So war ich ganz überwiegend auf qualitativ vergleichsweise schlechte Maßzeichnungen aus alten Prospekten angewiesen.
Ja, der Seebohm hat Vieles kaputt gemacht und die Entwicklung stärkere LKWs um mindestens ein Jahrzehnt zurückgeworfen! Doch, es war schon legal, mit zwei Anhängern zu fahren. Aber halt sehr umständlich! In unserer bergigen Gegend hat man z.B. immer erst einen Hänger über den Berg gezogen, ist zurückgefahren und hat den zweiten Hänger geholt. Dann hat man den Zug wieder zusammen gekuppelt. Bei fünf Bergen auf 10 km Wegstrecke war das aber wenig effektiv, weshalb es schon recht selten gemacht wurde. Und ja, es stimmt: Bei kurzen Zugmaschinen (heute ja ausnahmslos große Traktoren), darf nach wie vor mit zwei Anhängern gefahren werden (entsprechende Bremsanlage vorausgesetzt). Das wird aber fast ausschließlich landwirtschaftlich genutzt. Mir ist ein solches Gespann allerdings auch mal bei Nürnberg auf der Autobahn entgegen gekommen! Wenn die ZGM und die Hänger für 60 km/h zugelassen sind und die zulässige Gesamtlänge von 18,75 m nicht überschritten wird, darf man das sogar! Und zwar als 16- jähriger mit Trekker- Führerschein, bis 40 to. zGG, ohne LKW- Fühererschein und Weiterbildungsmodule!